Dr. Johann Wadephul

"Sozial ist, was Arbeit schafft"

Dr. Johann Wadephul im Ausschuss für Arbeit & Soziales ((c) Deutscher Bundestag/Simone M. Neumann)
Dr. Johann Wadephul im Ausschuss für Arbeit & Soziales ((c) Deutscher Bundestag/Simone M. Neumann)

Mit Beginn der neuen Wahlperiode im Deutschen Bundestag war klar: Auf den Ausschuss für Arbeit und Soziales warten eine Vielzahl von Problemen, die gerade in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise auf dem Arbeitsmarkt dringend gelöst werden müssen. Insbesondere die durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil aus dem Jahr 2007 notwendig gewordene Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeit – eine Mammutaufgabe – stand unter erheblichem Zeitdruck. So zeichnete sich am Anfang dieses Jahres noch eine Lösung jenseits des Grundgesetzes ab. Nach jahrelangen schwierigen Verhandlungen mit der SPD gab es Ende März schließlich eine Einigung zwischen CDU/CSU, FDP und SPD über eine Fortführung der bewährten Jobcenter und der Optionskommunen. Bundestag und Bundesrat haben anschließend im Juni und Juli mit großer Mehrheit eine Grundgesetzänderung beschlossen, die die „Hilfe aus einer Hand“ für Hilfebedürftige auf eine sichere Grundlage stellt. Dieser fraktionsübergreifende Kompromiss ist ein Meilenstein für die Betreuung von Langzeitarbeitslosen und ein wichtiges Zeichen für unsere parlamentarische Demokratie.


Darüber hinaus hat sich die Arbeitsgruppe Arbeit & Soziales der CDU/CSU-Bundestagsfraktion intensiv mit der Neuberechnung der Hartz IV-Regelsätze, die uns das Bundesverfassungsgericht Anfang Februar dieses Jahres aufgegeben hat, der Zeit- bzw. Leiharbeit sowie mit der Verlängerung des Kurzarbeitergeldes beschäftigt. Nach langwierigen Verhandlungen haben wir mit der Opposition einen Kompromiss erzielt. Danach sind vor allem unsere Kinder und unsere Kommunen Gewinner dieser Reform. Darüber hinaus beschäftigen wir uns besonders mit Fragen der Tarifeinheit, des Beschäftigtendatenschutzes sowie der Neuordnung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente.  

Die Arbeit des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat durch den Vertrag von Lissabon spürbar an Bedeutung gewonnen. Dieser Vertrag, der in politischen Kreisen auch Parlamentsvertrag genannt wird, hat deutlich die Stellung der nationalen Parlamente gestärkt. Nicht allein als Rechtsnorm sichert der Vertrag den Abgeordneten mehr Einfluss, es kommt vorwiegend auf die Abgeordneten an von ihren neuen Rechten Gebrauch zu machen. Die Wachstums- und Beschäftigungsstrategie „Europa 2020“ stand vielfach auf der Agenda des EU-Ausschusses. In einem von mir initiierten Koalitionsantrag zu diesem Thema haben die Fraktionen von CDU/CSU und FDP die neue europäische Reformstrategie einschließlich der Ziele zur ihrer Umsetzung in der Klimapolitik, bei Bildung und Forschung oder auch bei der Armutsbekämpfung unterstützt. Zugleich forderten wir eine qualitative Verbesserung, die Anwendung geeigneter Prüfindikatoren und die Beachtung des Subsidiaritätsgebotes. Der Antrag diente nicht nur zur Unterstützung der Bundesregierung beim Europäischen Rat im Juni, auf dem die Strategie beschlossen wurde, sondern war zugleich Ausdruck der Wahrnehmung der neuen parlamentarischen Rechte des Bundestages in EU-Angelegenheiten.


Weitere Themen mit denen sich der Ausschuss intensiv beschäftigte waren unter anderem die Verhandlungen über die Errichtung des Europäischen Auswärtigen Dienstes, die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Islands und die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien, die Übergangsmaßnahmen zur Zusammensetzung des Europäischen Parlaments, die Weiterentwicklung der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik sowie das umstrittene Thema des europäischen Rettungsschirms und des künftigen dauerhaften Stabilisierungsmechanismus. Letzteres erhielt mit den am 24./25. März 2011 beim Europäischen Rat beschlossenen Reform- und Maßnahmenpaket eine neue und gestärkte Funktion, die erforderlich wurde, um die finanz- und wirtschaftspolitische Stabilität und deren Kontrolle in der Europäischen Union zu gewährleisten. Die drei Elemente dieses Pakets sind zum einen die Reform des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes, die einen ausgeglichenen Haushalt zum Ziel hat. Dazu sollen früher greifende und quasi automatisierte Sanktionsmechanismen angewandt werden. Als zweites Element kommt der Euro-Plus-Pakt zum tragen. Unter dessen Anwendung soll die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Mitgliedstaaten verbessert werden. Dazu wird in erster Linie in den Bereichen der Lohn, der Beschäftigungs- und der Finanzpolitik angesetzt, in denen künftig gemeinsame Zielvorgaben für die am Pakt beteiligten Staaten auf nationaler Ebene umgesetzt werden müssen. Und schließlich rundet der Europäische Stabilitätsmechanismus das Regelwerk ab, der im Gegensatz zu den beiden vorgenannten Elementen nicht präventiv wirkt, sondern erst dann zum Einsatz kommt, wenn eine Staatsschuldenkrise eintritt. Dabei wurde wichtige deutsche Forderungen mit aufgenommen: der Mechanismus wird nur dann ausgelöst, wenn die Stabilität des Euro als Ganzes gefährdet ist (ultima ratio). Zweitens werden Finanzhilfen lediglich unter Einhaltung strenger Auflagen gewährt, also wenn das betroffene Land auch entsprechende Eigenanstrengungen unternimmt. Und drittens ist die Beteiligung privater Gläubiger bei der Überschuldung eines Staates verpflichtend, da nur so das Prinzip des Zusammenhangs von Risiko und Haftung gewährleistet werden kann.